Alle sprechen von «Work-Life-Balance», doch wie kommt man da hin?... Unseren Alltag bewusst zu gestalten und einen achtsamen Umgang mit uns selbst und unserem Körper zu pflegen ist heute wichtiger denn je. Der tägliche Stress und die schiere Flut von Anforderungen und Reizen macht dies nicht einfacher... Umso wichtiger ist es, unsere Stressauslöser zu kennen und Strategien zu entwickeln, um damit umzugehen und wieder in ein Gleichgewicht zu kommen.
Aus evolutionärer Perspektive ist Stress ein biologisch sinnvoller Mechanismus für Kampf oder Flucht, der unser Überleben sichert. Bei drohender Gefahr reagieren wir sofort, mobilisieren alle unsere Kräfte und setzen sehr viel Energie frei. Sobald die Gefahr vorüber ist, können wir uns wieder entspannen. In der heutigen modernen Gesellschaft werden Stresssituationen jedoch durch eine Vielzahl von Reizen unzählige Male täglich ausgelöst. Dabei handelt es sich jedoch nicht mehr nur um akute Bedrohungen, sondern oft um Stressauslöser (Stressoren), die länger anhalten und zu chronischem Stress führen können, ohne dass wir körperlich oder psychisch wieder zur Ruhe und in einen entspannten Zustand kommen.
Die Polyvagale Theorie von Dr. Stephen Porges und die Arbeit mit dem Vagus-Nerv ist bahnbrechend und seit einiger Zeit in aller Munde. Es sind zahlreiche Bücher zu dieser spannenden Theorie erschienen. Der Vagus-Nerv ist der längste Nerv im Körper, er steuert fast alle Organe. Zahlreiche Beschwerden im Kontext mit erhöhtem Stress hängen mit dem Vagus-Nerv zusammen. Nicht umsonst wird er auch der Selbstheilungs-Nerv genannt, da wir über ihn die Möglichkeit haben, unser Nervensystem zu regulieren. Vor allem der vordere Ast des Vagus, der sogenannte ventrale Vagus, der viel mit sozialer Kommunikation, Bindungssicherheit und emotionaler Zugewandtheit zu tun hat, ist in der Arbeit der Selbstregulation bedeutend und wegweisend.
Es gibt zwei Arten von Stress: Eustress und Distress . Eustress beschreibt ein gesundes Maß an Anspannung (auch als positiver Stress bekannt), das uns leistungsfähig macht und uns hilft, Herausforderungen zu meistern. Distress bezieht sich vor allem auf chronische Stresszustände, die unseren Körper dauerhaft in Alarmbereitschaft versetzen und gesundheitliche Probleme verursachen können. Chronischer Stress bedeutet auch, dass keine Zeit für Regeneration bleibt und sich unser Körper nicht ausreichend von den Belastungen erholen kann.
Stress kann sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld entstehen und wird dabei immer individuell wahrgenommen. Es kommt darauf an, wie wir die jeweiligen Situationen bewerten und auf die verschiedenen Stressauslöser reagieren. Dabei spielen verschiedene Faktoren – sogen. innere und äussere Stressoren - eine entscheidende Rolle. Die innere Haltung und ein richtiger Umgang mit den äusseren Umständen im Alltag ist entscheidend und kann Belastungen vorbeugen.
Typische äußere Stressoren können Lärm, Kälte, Wärme oder Hitze sein, Ablenkung durch zuviele Reize in der Umgebung. Auch auf körperliche Stressoren wie Schmerzen oder Krankheiten reagieren wir mit Stress. Äußere Auslöser von Stress können zudem alle möglichen Situationen in unserem Leben und Alltag sein, die Emotionen wie Angst, Ärger, Sorgen oder aber auch Freude hervorrufen und unseren Körper daher in Alarmbereitschaft versetzen können.
Innere Stressoren sind unsere ganz persönlichen Stressauslöser, geprägt von unseren Erfahrungen und Prägungen in der Kindheit. Unsere biographischen Muster haben einen großen Einfluss darauf, welche Reize wir als Stressoren wahrnehmen und wie wir auf Stress reagieren. Unsere eigenen (hohen) Ansprüche, die Schwierigkeit, uns abgrenzen zu können, eine geringe Belastungsgrenze, das Ignorieren eigener Bedürfnisse, unerfüllte Wünsche, Träume und vieles mehr können innere Stressoren sein.
Konflikte bei der Arbeit oder im Privatleben, finanzielle Sorgen, Ärger und, Zeitdruck, Leistungsdruck, Über- oder auch Unterforderung im Alltag sind Beispiele für psychische Stressoren. Wir empfinden diese Stressauslöser belastend, wenn sie häufig über einen längeren Zeitraum bestehen und sich zu chronischen Stressoren entwickeln, die uns dauerhaft in Alarmbereitschaft halten. Auch Trauer, Schicksalsschläge wie schwere Krankheit, Tod oder die Trennung von nahestehenden Personen, Verlustängste etc. belasten unsere Psyche und bringen Stress in unserem Körper hervor.
Zu den am grössten sozialen Stressoren zählen psychosoziale Belastungen wie Einsamkeit und Isolation aufgrund des Fehlens sozialer Beziehungen, eines tragenden Umfeldes, Freizeit-Aktivitäten oder eines Eingebundenseins in Alltags-Strukturen. Auch Mobbing sowie schwierige Beziehungs-Dynamiken im familiären Umfeld oder fehlende Wertschätzung bei der Arbeit erhöhen das Risiko stressbedingten Krankheits-Symptome.
Wenn alles zuviel wird, der Stress chronisch und zu lange anhaltend ist und Erholungsphasen fehlen, kann dies zu grossen körperlichen und seelischen Belastungen führen. Die Folgen können unter anderem ein Burnout oder andere seelische Erkrankungen wie Stimmungsschwankungen, Depression, Angstzustände oder sogar Panikattacken sein. Auch wird der Körper durch die dauerhaften Stressreaktionen in seiner Gesundheit geschädigt. Es kann unter anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Kopf- und Rückenschmerzen, Muskelverspannungen, Schwindel, Bluthochdruck oder Schlafstörungen, Reizdarm oder andere Magen- Darmbeschwerden kommen.
Mag es uns vielleicht erst einmal noch eine gewisse Zeit gelingen, zusätzliche Energien zu mobilisieren, den Stress zu kompensieren, so zieht der Körper irgendwann die Reissleine, wenn dieser Zustand zu lange andauert. Ein Burnout kommt meistens nicht von heute auf morgen, sondern bahnt sich über längere Zeit an. Werden da die Zeichen nicht wahrgenommen, kann dies in einem tiefen Erschöpfungszustand, Depressionen und Aengsten enden. Betroffene ziehen sich meist auch mehr und mehr von ihrem sozialen Umfeld zurück, oft fehlt sogar die Kraft für das, was eigentlich gut tun würde. Es ist deshalb enorm wichtig, Symptome frühzeitig zu erkennen und Gegensteuer zu geben. Hat man seine Energie-Reserven zu lange überstrapaziert und ist der persönliche Akku erst einmal auf Null, braucht es unter Umständen viel Zeit, um Körper und Psyche wieder in ein Gleichgewicht zu bringen.
Um Stressfolgeerkrankungen vorzubeugen, ist es wichtig, eine persönliche Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Eine aktive Stressprävention in unseren Alltag zu integrieren ist deshalb sehr sinnvoll und hilfreich. Bei der Erarbeitung von Strategien für ein gesundes Stressmanagement geht es als erstes darum, die eigenen äusseren und inneren Stressoren zu erkennen. Um den aktuellen Stress reduzieren und eine nachhaltige Stressprävention bewirken zu können, braucht es immer auf der äusseren wie auch auf der inneren Ebene grundlegend neue Einstellungen und Verhaltensweisen. Nebst der Reduktion von äusseren Reizen gilt es unter Umständen, alte Muster und Glaubenssätze aufzulösen und einen neuen Umgang mit mehr Selbstfürsorge für sich zu finden.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei die eigene Körperwahrnehmung und das Trainieren von Achtsamkeit und Gegenwärtigkeit. In Stress-Situationen verlieren wir oft eine Beziehung zu unserem Körper. Ziel ist es, wieder mit sich selber und dem Körper in Verbindung zu kommen. Dafür eignen sich einerseits verschiedene Methoden aus der Körpertherapie, die ganz konkret das Nervensystem beruhigen, anderseits ist das ganz individuelle Fördern der eigenen Körperwahrnehmung (wie z.B. über die Arbeit mit dem Atem) wichtig. Dabei gilt es immer auch herauszufinden, was jede(n) Einzelne(n) zu mehr innerer Ruhe bringt. Ist z. B. Meditation für die eine Person der richtige Weg, so ist es für die andere vielleicht aktiver Sport und Bewegung, was wieder in eine innere Balance führt.
In der Stress-Prävention arbeiten wir anhand der ganz individuellen Bedürfnisse mit verschiedenen Schwerpunkten und stärken die Ressourcen.
Fast die Hälfte aller berufstätigen Menschen in der Schweiz geben an, im Beruf stark belastet oder gar überlastet zu sein. Die Arbeit gilt als einer der grössten Stressfaktoren. In der Schweiz schätzt man die Folgekosten von Stress in Unternehmen auf über 4 Mia. Franken pro Jahr. Eine enorm hohe Zahl, die verdeutlicht, wie wichtig Stress-Prävention für die Mitarbeitenden sein kann.
Die Investition in eine individuelle Stresspräventions-Beratung oder ein Stress-Management-Seminar für Ihre Mitarbeitenden zahlt sich auf jeden Fall aus. Anstelle von Personal-Absenzen und erhöhten Fluktuationen sowie Unfällen steht motiviertes Personal und zufriedene Kunden. Eine Analyse der Stress-Faktoren / die Nutzung persönlicher Ressourcen / Wertschätzung / das Erfahren von Selbstwirksamkeit – eigene Handlungs-Kompetenzen / Unterstützende Vorgesetze sind nur einige Faktoren, wie Sie Ihr Team motivieren und Stress im Betrieb abbauen können.
Stress-Prävention ersetzt keine notwendige ärztliche oder therapeutische Behandlung.